Publikationen : Er macht Senioren für die digitale Zukunft fit
27.09.2011 20:06 (26645 x gelesen)
Er macht Senioren für die digitale Zukunft fit
FREIWILLIGENSERIE. Einst war er Schulabbrecher, doch heute machen ihm Lernen und Lehren Spass: Daniel Heusser, Inhaber einer Internet-Agentur, gibt als Freiwilliger Computer-Kurse für Senioren.
EVA ROBMANN
Am liebsten sitzt er in der Mitte zwischen zwei Senioren, jeder an einem Com-
puter. «So ist es für alle am bequemsten», sagt Daniel Heusser, freiwilliger Instruktor der Computeria Herrliberg. «Und dass alle auf gleicher Höhe sind, schafft Vertrauen.» Der 63-jährige Webspezialist mit Metallbrille und grau melierten Haaren zeigt den kleinen Computerraum des Alters- und Pflegeheimes im Rebberg, wo die Computeria mit drei Arbeitsplätzen eingemietet ist. Seit sieben Jahren ist der Inhaber einer Internet-Agentur für die Computeria als Freiwilliger im Einsatz. Dass seine Spesen nur einen Fünftel seines beruflichen Stundenansatzes betragen, stört ihn nicht. «Diese Kurse sind eines meiner Hobbys», sagt Heusser. Ausserdem fährt er ehrenamtlich einen Vereinsbus und instruiert auf seinem ehemaligen, an den Oldtimer-Boot-Club Zürichsee verkauften Boot Jahrgang 1936 Kapitäne.
500 Arbeitsstellen ausgestattet
«Freiwilligenarbeit muss Spass machen», sagt Heusser. Man lerne dabei Leute kennen und könne sich sogar fachlich weiterentwickeln. Für den Boot-Club etwa gab er jahrelang die Klubzeitung heraus. Dabei lernte er das Computerprogramm «Pagemaker» kennen, das er beruflich noch manchmal nutzt. Auch in der Freiwilligenarbeit für die Computeria sieht der Webspezialist Entfaltungsmöglichkeiten. «Anfänglich haben wir Grundkurse in Word und Excel gegeben», sagt Heusser, dann sei die Bildberarbeitung aktuell gewesen. Die Senioren hatten auf digitale Fotoapparate umgerüstet. Aber dann wussten sie nicht, wie sie die Fotos auf den Computer laden sollten, und fanden schliesslich ihre Fotos nicht mehr. Und demnächst wird es Smartphone-Kurse geben.
Heusser entdeckte seine Lernbegeisterung erst im Erwachsenenalter. Denn als Jugendlicher war er schulmüde und hatte die Ausbildung nach dem Besuch zweier Privatschulen abgebrochen. Später holte er eine kaufmännische Ausbildung nach und entdeckte mit den Jahren, wie viel Spass Lernen und Lehren machen können. Als Angestellter einer Versicherungsgesellschaft stattete er 500 Arbeitsstellen mit Computern aus und unterwies die Mitarbeiter in Informatik. Danach – vor 17 Jahren – machte er sich selbstständig und probierte Neues aus. «Vieles, aber nicht alles, war erfolgreich», meint Heusser rückblickend. Etwa seine Vision, dass alle Unternehmen ihren Standort im Internet auf Karten anzeigen könnten, habe er nicht mit letzter Vehemenz realisiert. Sein Unternehmen habe zwar einen Server mit Karten gehabt, aber Google habe die Idee später mit mehr Selbstvertrauen in «Googlemaps» umgesetzt.
«Meine künftige Konkurrenz»
In seiner Internet-Agentur verkauft Heusser Webseiten und bildet Webmaster aus. «Meine künftigen Konkurrenten», sagt er lakonisch. «Heute haben viele eine eigene Webseite», sagt er, «aber darauf geht in der Regel nicht viel.» Es brauche eine klare Navigation und einen emotionalen Blickfang. «Die Zeiten sind vorbei, in denen lustige Bilder reichten», sagt Heusser grinsend. Natürlich brauche es auch eine gute Verlinkung.
Für Vereine, zu denen er einen persönlichen Bezug hat, gestaltet er auch mal gratis Seiten. Etwa für den Theaterverein, bei dem seine Frau Vorstandsmitglied ist. Oder für die Shanty-Men, den Stäfner Seemannschor, in dem Heusser seit über 20 Jahren mitsingt und an dessen Gründung er beteiligt war. Als neu gewählter Präsident des Oldtimer-Boot-Clubs Zürichsee hat er einst Mitglieder des Männerchors Stäfa eingeladen, Seemannslieder an der Generalversammlung des Boot-Clubs vorzutragen. Daraus ist der Shanty-Men-Chor entstanden. Boot-Club-Präsident blieb Heusser übrigens 14 Jahre lang.
Seniorinnen-Bridge im Netz
«Momentan ist die Computeria im Wandel, sie passt sich der aktuellen Telefonmanie an», sagt Heusser, der seine Mails auf dem Smartphone liest. Man bereite Kurse für Smartphone-Besitzer vor, die mit ihrem Gerät nicht nur telefonieren, sondern auch Einkäufe oder Ferienbuchungen übers Internet tätigen wollten. «Man muss mit dem Freiwilligenangebot für Senioren und Seniorinnen mit der Zeit gehen», sagt Heusser. Durch ihre Enkel oder die im Ausland lebenden Angehörigen seien sie motiviert, sich in neue Technologien einzuarbeiten. «Auch die Senioren denken an die Zukunft», sagt der Vater zweier erwachsener Töchter. «Sie bereiten sich auf die Zeit vor, in der sie nicht mehr gut zu Fuss sind und alles übers Internet bestellen oder gar mit den Freundinnen im Netz Bridge
Computeria im steten Wandel Wie noch weitere Bezirksgemeinden hat auch Herrliberg seit sieben Jahren eine Computeria für Senioren und Seniorinnen. Sie wird von der Senioren-Kontaktstelle Triangel betrieben. Acht freiwillige Instruktoren bieten mehrere Computer-Kurse jährlich an. Und zwar vom Grundkurs Textverarbeitung über den Bildbearbeitungskurs bis zum Internetkurs Skype oder Facebook. Das von Pro Senectute unterstützte Angebot wird laufend an die neuen Bedürfnisse angepasst. (ero) Infos und Anmeldung: Tel. 043 2775400 (vormittags), triangel@zh.pro-senectute.ch |
FREIWILLIGE IM PORTRÄT 2011 ist das internationale Jahr der Freiwilligen. Sie engagieren sich unentgeltlich in Vereinen, Kirchen, Heimen, Spitälern, in Schule oder Nachbarschaft. Die heutige Gesellschaft ist ohne Freiwilligenarbeit kaum denkbar. 700 Millionen Stunden Freiwilligenarbeit werden in der Schweiz jährlich geleistet. Auch im Bezirk Meilen engagieren sich viele, ohne dafür einen Lohn zu erwarten. Die «ZSZ» widmet diesen Menschen eine Porträtserie und zeigt darin auf, welche Beweggründe zur Freiwilligenarbeit führen und welche Erfahrungen dabei gemacht werden. Die Beiträge erscheinen in loser Folge. (zsz) informationen im internet: www.freiwilligzh.ch, www.forum-freiwilligenarbeit.ch. |
Zürichsee-Zeitung Bezirk Meilen, Dienstag 27. September 2011, Seite 2 Zürichsee - Bild: Manuela Matt
PS: Den aufmerksamen Leser bzw. die aufmerksame Leserin könnte interessieren, wie der in der Zeitung unvollständig abgedruckte letzte Satz weitergehen könnte. Die Lösung lautet:
"...spielen wollen.“ Es sei doch gut, an die Zukunft zu denken, sagt Heusser, verabschiedet sich und fährt mit seinem hellblauen Subaru davon."
(Quelle: Roh-Manuskript der Autorin)
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